Indien – ein Land der Gegensätze

Zustände wie auf einem mittelalterlichen Jahrmarkt mit dem öffentlich arbeitenden Zahnbrecher. Ein einfacher Plastikstuhl am Sandstrand, hunderte Leute ringsum – das war mein Behandlungszimmer in Südindien. Auf eigene Rechnung habe ich im August einen Hilfseinsatz als Zahnarzt für die Tsunamiopfer und Waisenkinder in den Provinzen Tamil Nadu und Kerala gestartet.

Die erste Bewährungsprobe hatte ich in einem Heim für Blinde und Gehörlose in Chennai zu bestehen. Zum Glück half mir ein indischer Zahnarzt, die mobile Zahnarztpraxis „Dentamobil“ zum Laufen zu bringen. Die indischen Behandlungsbedingungen weichen doch recht stark von den hiesigen ab: Bei 35 Grad schwüler Hitze stehen Massen von Patienten in Schlange. Es gibt kein OP-Licht, keinen Absauger und keine Zahnarzthelferin.

Stattdessen assistierten meine Frau und meine zwei Kinder. Sonia, die Fünfjährige reichte die Wattetupfer. Lino (9) zog die Spritzen auf. Das Geld für die Medikamente und Instrumente hatte ich in den vergangenen Jahren in meiner Zahnarztpraxis gesammelt. Meine Patienten spendeten Altgold. Die Schmelze brachte 2800 € ein, die ich Christian Klages vom „Verein für Hilfe in Indien“ übergab.

Herr Klages hatte mich vor 12 Jahren in meiner neu eröffneten Praxis besucht.
Er bat mich, gebrauchte Geräte für die Indienhilfe zu spenden. Gebrauchte Geräte hatte ich in meiner neuen Praxis keine, doch er wurde mein Patient und so erfuhr ich viel von seinem Engagement für Indien.

Er besorgte Schulmaterial speziell für Blinde, Dialysegeräte, Baugeld für Waisenhäuser und gründete Schulen. Das Beispiel einer Zahnstation in einem Waisenhaus in Dharkast, nahe der 4 Millionen Metropole Chennai im Bundesstaat Tamil Nadu, ließ mich dann „anbeißen“.

Mein Wunsch war und ist es, bedürftigen Menschen direkt vor Ort zu helfen. So wie Vielen stellt sich mir die Frage ob, das Geld auch wirklich bei den Bedürftigen ankommt. Über 70% der indischen Bevölkerung lebt auf dem Land und ist zu arm, um sich einen Besuch beim Zahnarzt leisten zu können. Selbst die Busfahrt zum Zahnarzt ist schon zu teuer. So war der Gedanke schnell geboren, eine mobile Zahnstation zu schaffen und direkt in die Dörfer zu fahren und zu helfen.

Wir reisten mit Rucksäcken nach Chennai in besagtes Waisenhaus. Reiseschecks halfen mir, die notwendige Ausrüstung vor Ort zu kaufen. Ich übernahm eine neue Zahnarzteinheit mit allen dazugehörigen Materialien für insgesamt 3400 Euro. Diese war bereits fertig montiert auf einem Ambulanzwagen, der von einer in Indien tätigen christlichen Hilfsorganisation zur Verfügung gestellt wird. Die Kontakte von Christian Klages zahlten sich aus, auch bei der Organsiation der Unterkünfte und Arbeitsstationen.

In Chennai halfen mir auch die gehörlosen Kinder und die Lehrer. Sie sorgten für heißes Wasser, reichten mir die Instrumente zu und reinigten sie. Mit einer Taschenlampe leuchteten die Kinder den Altersgefährten den Mund aus, stützten den Kopf, bestimmten die Reihenfolge der Patienten und verteilten Schmerz- und Antibiotikatabletten. Es war ein Riesenauflauf, aber alle halfen mit. Nach drei harten Tagen waren alle Kinder, Lehrer und sonstige Angestellten der Schule behandelt.

Während dessen begleitete meine Familie den Tagesablauf im Waisenhaus mit Englisch- und Tanzunterricht, Essensausgabe und die Landessprache Tamil lernen. Sie spielten mit den Kindern des Ortes, zeigten ihnen das richtige Zähneputzen und kauften natürlich Sarees und Seidenstoffe. Nach tränenreichem Abschied fuhren wir mit dem Zug über Madurai – der uralte Tempelort ist für den Shre-Meenakshi-Tempel berühmt – an die äußerste Südwestküste Indiens nach Trivandrum. Im Gegensatz zu Ostindien mit seiner eher trockenen, steppenartigen Landschaft beeindruckte uns der Westen mit seinen bilderbuchartigen Palmenstränden und dem wesentlich angenehmeren Klima. Nach dem wir in einem Hotel am Meer ein Erholungsfleckchen gefunden hatten, machten wir uns auf den Weg an die Südspitze Indiens, nach Kaniyakumari. Dort treffen drei Meere aufeinander: das Arabische Meer, der Indische Ozean, die Andamanensee. Hier hatte der Tsunami mit seiner tödlichen Kraft eine Küstenregion verwüstet, die zu den ärmsten des Landes zählt.

Zusammen mit einem indischen Allgemeinarzt und zwei Arzthelferinnen fuhren wir über die Dörfer an der Küste und bauten unser Dental- und Medical-Camp auf. Im Gegensatz zur Großstadt Chennai, wo ich hauptsächlich Zähne zu füllen hatte, bestand die Arbeit hier zu dreiviertel aus Zähneziehen unter freiem Himmel und besagten Jahrmarktverhältnissen. Auch entfernte ich Unmengen von Zahnstein. Das weit verbreitete Betelnusskauen führt zu einer charakteristischen Schwarzfärbung der Zähne und innerhalb von 10 Jahren sicher zu Krebs.

Die Arbeitsbedingungen waren abenteuerlich: Die Patienten spuckten in den Sand aus. Gegen 19:30 Uhr geht die Sonne unter, und es wird schnell dunkel. Beim Licht einer Taschenlampe werden weiter Zähne gezogen.

Problematisch wurde es, wenn bei dieser Menschenmenge einzelne meinten, sich vordrängen zu müssen. Teilweise kam es zu tumultartigen Szenen, die aber routiniert von den Helfern der lokalen Hilfsorganisation unterbunden wurden. Letztendlich war jeder drangekommen, als wir spät am Abend das Dorf verließen.

In Bangalore, unserer letzten Station, standen plötzlich auch 6er BMW´s im Stau. Die Stadt ist ein Zentrum der Hightech-Industie. Die Firmenpaläste von Bosch, Siemens und SKF stehen an der Hauptstraße neben brachliegendem Bauland und einfachen Hütten. Wir kommen etwas außerhalb der Stadt in einem Kloster unter, wo der persönliche Kontakt zu den Kindern und Schwestern möglich ist. Wie erfahren vieles von den Lebensbedingungen und Religionen Indiens und lernen im Klostergarten kennen, wie unter anderem Kaffee, Papaya und Bananen wachsen.

Die Reise durch den Süden Indiens ist uns leicht gefallen, denn er hat einen höheren Bevölkerungsanteil von Christen (ca. 40%) und steht wirtschaftlich mit an der Spitze Indiens. Die Analphabetenrate ist sehr niedrig und die meisten Einwohner sprechen Englisch.

Die Inder respektieren unsere Essenskultur und reichen unaufgefordert Besteck zum für uns nicht allzu scharfen Essen. Zum Glück brauchten wir nichts aus unserer Reisapotheke, da wir uns an die klassischen Regeln hielten, wie „cook it, peel it or forget it“ und Getränke nur aus original verschlossenen Flaschen.

An dieser Arbeit interessierte Zahnärzte können auf eine funktionierende Organisation setzen und sich mit dieser Arbeit, so wie ich, einen Lebenswunsch erfüllen. Eines ist sicher: das Arbeiten daheim hat nach so einer Erfahrung geradezu paradiesische Qualitäten.

Aber auch die Arbeit in Indien geht weiter. Eine Idee für die Zukunft wäre eine Art indische „Ich-AG“ als Zahnsteinentfernerin, hierzulande Dentalhygienist genannt. Wenig Aufwand und große Wirkung. Ein einfaches Zahnsteingerät, eine eingewiesene Helferin, ein Stromanschluss und eine Rupie pro Zahn reichten für ein gutes Auskommen. Eine Arzthelferin verdient in Indien 850 Rupien pro Monat, das entspricht rund 17 Euro.

Der „Verein Hilfe für Indien“ freut sich über jeden Zahnarzt und Zahnarzthelferin die mit ihrem persönlichen Einsatz zur Fortführung unseres Projektes „Dentamobil“ beitragen möchten. Natürlich ist auch jede Spende willkommen, denn diese findet – ohne jeden Abzug – ihren direkten Weg zu den Bedürftigen.

PS.: Flug und alle Reisekosten muss man selber zahlen. Essen und Unterkunft in den Klöstern bzw. bei den Gemeindepriestern sind frei.

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Dr. med. dent. Ralf Pineda
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